Weil die Street Photography Rechtslage in Deutschland immer mal wieder Thema ist: Street Photography ist natĂŒrlich legal! Sonst wĂŒrden ich und all die andren StaĂenfotografen es nicht machen. Auch in Deutschland đ
Ich selbst halte mich penibel an die Gesetzeslage, frei nach dem Kantschen Imperativ:
Ich mag es ja auch nicht, wenn ein Fremder einfach so sein Objektiv auf mich richtet.
Ausnahmen vorbehalten! Mehr dazu beim letzten Punkt âKompliment & Kunstformâ.
â DISCLAIMER â
Dies ist natĂŒrlich keine verbindliche Rechtsberatung, sondern nur mein aktueller Wissensstand rund um das Thema
âStreet Photography Rechtslage in Deutschlandâ.
Im Zweifelsfall frag noch einmal bei einem Anwalt deines Vertrauens.
Denn ich bin ja nur eine Amateur-Street Fotografin.
Die Gesetzeslage in Deutschland
Wegen der strengen Gesetzeslage fĂŒhlt es sich gerade in Deutschland manchmal echt so an, als wĂŒrde man als Street Fotograf etwas Verbotenes machen. Seit der DSGVO 2018 erst recht! Dieses Video vom Photographen UND Juristen und Datenschutzbeauftragten Timo Rausch rĂ€umt zum GlĂŒck mit gĂ€ngigen Vorurteilen auf.
Die wichtigsten Paragraphen in Sachen Street Photography in aller KĂŒrze
Das Fotografieren einer Person im öffentlichen Raum ohne deren Zustimmung ist nicht strafbar, wenn nicht besondere UmstĂ€nde wie etwa eine hilflose Lage hinzukommen (§ 201a StGB).Â
Kunsturhebergesetz
§22 Satz 1 (auch bekannt als Recht am eigenen Bild): Bildnisse dĂŒrfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
§ 23 (auch bekannt als Panoramafreiheit): Ohne die nach §22 erforderliche Einwilligung dĂŒrfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Ărtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, AufzĂŒgen oder Ă€hnlichen VorgĂ€ngen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung und Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
Datenschutzgrundverordnung
Art. 85 DSGVO
(1) Die Mitgliedstaaten bringen (âŠ) das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten (âŠ) mit dem Recht auf freie MeinungsĂ€uĂerung und Informationsfreiheit, einschlieĂlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, kĂŒnstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang.
Statement vom Bundesministerium fĂŒr Inneres
Die Ansicht, das Kunsturhebergesetz werde durch die DSGVO ab dem 25. Mai 2018 verdrÀngt, ist falsch.
Gerichtsurteil vom Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht entschied:
(A)uch Street Photography ist eine Kunstform, dessen Medium der Formensprache gerade die bewusste Auswahl eines RealitÀtsausschnittes zeigt.
Artikel: Street Photography als Kunstwerk im kunstrechtblog.de
Den kompletten Artikel dazu findest du auch im Kunstrechtblog: Street Photography als Kunstwerk
Entscheidend sei also vor allem die Fragen, âin welcher konkreten Situation die betreffende Person dargestellt wurde und ob diese eher der weniger zu schĂŒtzenden SozialsphĂ€re und der verfassungsrechtlich besonders geschĂŒtzten Privat- und IntimsphĂ€re zuzuordnen ist.â
Weiter wurden damit Abbildungen freigegeben, die â(âŠ) einen gewöhnlichen, öffentlichen und damit fĂŒr jedermann sichtbaren Alltagsvorgang (darstellen). Sprich, dem Passieren einer viel frequentierten StraĂe.â (ebenda)
Meine persönliche EinschÀtzung
Donât!
(Anstandshalber nicht knippsen, auf gar keinen Fall posten)
- Einen Besoffenen, der auf der Parkbank seinen Rausch ausschlĂ€ft und dem dabei der halbe Hintern raushĂ€ngt: Donât!
- Menschen in Gefahrensituationen â mal im Ernst, wer da photographiert, anstatt zu helfen, der ist ein Idiot!
- Du findest es lustig, wieviel Speck einer Frau aus dem Hosenbund quillt? Das bewusst photographieren und posten, âbestenfallsâ noch mit einem gemeinen Spruch, ist einfach nur mies. Wenn dich ihr Freund entsprechend verdrischt oder die Frau dich verklagt, musst du dich echt nicht wundern!
Grenzwertig
(Höchstens dezent fĂŒrs private Album knippsen, besser nicht posten)
- Ein PĂ€rchen, tief versunken in einem Kuss â zum einen ist es ein intimer Moment; zum anderen weiĂt du nicht, ob du mit dem veröffentlichten Bild eine AffĂ€re aufdeckst âŠ
- Vulnerable Personen: Menschen mit Behinderung, Obdachlose, Kinder ⊠aus besonderem Respekt bitte hier mit ganz besonders viel FeingefĂŒhl vorgehen; das Gesicht unkenntlich machen bzw. mit den Leuten und Erziehungsberechtigten auf jeden Fall RĂŒcksprache halten, ob du ihr Bild posten darfst.
Do!
(Kann man knippsen und sollte man posten können)
- Schicke, coole Freundinnen, die resolut und raschen Schritts bei einem GesprĂ€ch und mit einem Kaffee in der Hand ĂŒber den Zebrastreifen laufen und damit zeigen, wie schnell die Gesellschaft heute so tickt: Do. Um das Feeling zu unterstreichen, wirst du das Foto ohnehin mit einem leichten Wisch-Effekt erstellen, gell?
- Jemand, der tief versunken hinter einem Buch auf einer Parkband verschwindet: So etwas ist heute selten genug und dokumentierenswert! Im besten Fall bekommst du es perspektivisch ohnehin so hin, dass man vom Gesicht kaum etwas erkennt.
- Eine richtig geil gekleidete Person? Wenn du sie nicht (mehr) persönlich fragen kannst, ob du sie posten darfst, weil sei auf ihren krassen Highheels schon weggelaufen ist: Wer offensichtlich extravagant gekleidet ist, sollte in der Regel ja kein Problem damit zu haben, aufzufallen âŠ
Was mach ich am besten als Street Fotograf?
Sei immer respektvoll. Schon beim Knippsen und auch im Umgang mit den Menschen â wenn es dazu kommt.
Rede mit den Leuten, bleib freundlich und sachlich. Du kennst ja jetzt die Rechtslage! Kein Grund, laut und emotional zu werden. đ
Wenn jemand fordert, dass du das Bild löschst: Tu es einfach. Kein Insta-Post dieser Welt ist es wert, sich (noch mehr) Stress einzuhandeln. Es warten genĂŒgend andere Motive auf dich!
Habe im besten Fall eine schlichte, hochwertige Visitenkarte dabei mit mindestens Name und Insta-Account-Name, bestenfalls auch noch einer Kontakt-Adresse wie E-Mail und/oder Telefonnummer. Wenn du tiptop vorbereitet sein willst, nimm eine EinverstÀndniserklÀrung mit.
Echte Street Photography ist Kompliment & Kunstform
Ernsthaft praktizierte Street Photography ist eine Kunstform und nix Paparazzi- oder SpannermĂ€Ăiges. NatĂŒrlich gibt es trotz jeder Street Photography Rechtslage in Deutschland immer wieder ĂŒbergriffige Idioten; aber ich behaupte mal, die knippsen dich klammheimlich mit dem Handy. Das Dumme daran: Sowas bekommst du ĂŒberhaupt nicht erst mit!
Wenn du jedoch bemerkst, dass dich ein Mensch mit einer richtigen Kamera knippst, ist das erst einmal befremdlich. Ich verstehe total, wenn dir das unangenehm ist! Es ist immer dein gutes Recht zu fragen, ob du auf dem Bild bist â und was damit passiert. Du musst aber in der Regel nicht davon ausgehen, dass der Photograph ein ĂŒbergriffiges Arschloch ist. Ganz im Gegenteil: In der Regel ist ein von dir geschossenes Bild ein Kompliment! Wenn du nicht im Positiven aufgefallen wĂ€rst, hĂ€tte er sich nicht die MĂŒhe gemacht, die Kamera auf dich zu richten. Denk nur an den wunderbaren Foto-Blog von Scott Schuhman alias The Sartorialist.
Wer jemand offensichtlich mit einer Kamera durch die Stadt lĂ€uft, ist in aller Regel ein harmloser Tourist oder eben ein Street Fotograf, der sich freut, wenn du ihm durchs Bild lĂ€ufst: So ein Foto sieht nĂ€mlich immer besser aus, wenn es ein bisschen belebt ist, also wenn ein Mensch oder wenigstens Hund durchs Bild lĂ€uft. Auch und gerade dann, wenn das ein bisschen verwischt ist. Also ist es auch mĂŒĂig, sich zu entschuldigen, wenn du jemandem durchs Bild gelatscht bist đ
Wer Street Photography richtig und ernsthaft betreibt, achtet ohnehin immer darauf, dass der Mensch unkenntlich ist (von hinten, Gesicht weggedreht oder verborgen, Silhouette). Sobald ein Mensch zu identifizieren ist, sollte man ihn natĂŒrlich um Erlaubnis fragen. Leider ist das oft gar nicht möglich â denk nur daran, in welchem Tempo wir Menschen stĂ€ndig durch die Stadt laufen! Wenn der Photograph ausgelöst und das Bild kurz kontrolliert hat, ist der Mensch oft schon wieder weg.
Wenn ein Foto wirklich gelungen ist und einen kĂŒnstlerischen Wert hat, erlaube ich mir, es zu posten. Ich persönlich bin immer bereit, es offline zu nehmen, wenn jemand ein Problem damit hat. Gar kein Thema, da reicht eine E-Mail an mich. GrundsĂ€tzlich sind bei mir Photos von Menschen â oder auch Hunden đ â immer als Kompliment zu verstehen.